Vorarlberg 01Von Hartmut Neunhoeffer

An einem Samstag Anfang Juli planten Alexander und ich zur Erlangung von Alexander‘s Passagierflugberechtigung einen mindestens 400 Kilometer langen Flug mit mehreren Zwischenlandungen in Süddeutschland und Vorarlberg. Als Route legten wir Konstanz-Berg-Hohenems-Peiting-Thannhausen und zurück aufs Roßfeld fest.
Die Wettervorhersage versprach tolles Flugwetter, schnell war das UL gecheckt und gegen 10 Uhr zog uns der ROTAX grummelnd vom Roßfeld in den noch wolkenlosen Himmel Konstanz entgegen. Der dunstigen Atmosphäre und der damit verbundenen schlechten Sicht wegen meldete sich Alexander gleich bei Langen INFORMATION an, um auch von dieser Seite Verkehrsinformationen zu erhalten. Wie sinnvoll dieser Entschluss war zeigte sich, als uns kurz danach ein Rettungshubschrauber auf Gegenkurs gemeldet wurde und - für uns aus der Sonne kommend - wenige Sekunden später ca. 100 Meter unter uns hindurchflog.
Querab Sigmaringen wurden wir an Zürich INFORMATION weitergereicht, die Sicht wurde zunehmend besser und im blauen Dunst zeichneten sich bereits der Überlinger- und der Untersee am Horizont ab. Über den Bodanrück und die völlig ‚verglaste‘ Gemüse - Insel Reichenau hinweg, ging es im Gegenanflug auf das Konstanzer Münster zu, mitten in der Altstadt gelegen. Quer- und Endanflug führte dann über Industriebauten und zwei letzte Straßenlampen hinweg auf die ‚DREI-NULL‘. Vielleicht eine unserer letzten Landungen auf diesem Stadtplatz, da dessen Tage angeblich gezählt seien.
Wenig später wieder in der Luft nahmen wir über die Blumeninsel Mainau, die Unteruhldinger Pfahlbauten und Meersburg Kurs auf den bei Ravensburg liegenden UL-Platz Berg. Der Wind frischte zwischenzeitlich stark auf und wegen des etwas kniffligen Anflugverfahrens mit starkem Seitenwind zwischen Waldkante und Starkstromleitung hindurch erwies sich Landung auf die ‚ZWO-EINS‘ als anspruchsvoll. Hoch konzentriert setzten wir die Klappen und schlichen uns bodennah - mit etwas höherer Fahrt als sonst - im kurzen Endteil noch um eine letzte 60 Grad Kurve. Es beutelte uns gewaltig durch; erst wenige Meter vor der Schwelle und endlich frei von der Waldkante und der damit verbundenen Leewalze, konnten wir dann entspannt das Flugzeug über der Bahn zur Landung ausschweben lassen.
Nach herzlicher Begrüßung durch die Berger UL - Piloten ging es auf Südost-Kurs schnurstracks weiter Richtung Rheinmündung in Vorarlberg. Dank der Friedrichshafener Lotsen durften wir die Kontrollzone diagonal durchfliegen, herzlichen Dank dafür! Bei nunmehr klarer Sicht grüßte links unter uns liegend Wasserburg herauf, ein Stück weiter konnte man den bayrischen Löwen an der Hafeneinfahrt von Lindau erahnen. Wie kleine Eisberge wirkten die Segel der auf dem Obersee kreuzenden Boote. Unser UL lag über dem Wasser absolut ruhig in der Luft und steuerte, am östlichen Rand der Kontrollzone von Altenrhein vorbei, direkt auf den Anflugpunkt WISKEY von Hohenems zu. Auf den Sandbänken links und rechts der weit in den See hineinragenden Rheinmündung machten sich viele Badegäste breit. Das wäre für uns an diesem herrlichen Tag sicher auch eine Alternative gewesen. Nach Einflug über WISKEY in die Hohenemser setzten wir den Flieger bei ca. 20 Knoten Wind aus Südwest auf den Vorarlberger Asphalt. Zwischenzeitlich war es gut 13 Uhr geworden, Zeit für eine längere Pause und einen Schwatz beim Lotsen in dessen wohltemperiertem Tower.
Als nächster Schenkel stand uns der Flug quer durch Vorarlberg an Hittisau vorbei, über Immenstadt, Sonthofen und entlang der Allgäuer Berge Richtung Füssen bevor. Nach kurzem Steigflug gingen wir bei Dornbirn auf Ostkurs, ein bockiger Rückenwind schob uns mit annähernd 200 Stundenkilometer über Grund an den Bergen entlang Richtung Füssen. Nach Süden der Blick in die hochalpinen Lechtaler Alpen, hinein bis zur sehr markanten Valluga-Spitze, links das liebliche Allgäuer Voralpenland. Nach gerade mal 30 Minuten Flugzeit lag der Forggensee vor uns, Schloss Neuschwanstein und der Tegelberg grüßten herüber. Es galt nun den uns Beiden noch unbekannten UL - Platz bei Peiting zu finden. Ab Trauchgau hangelten wir uns die Bundesstraße nach Peiting entlang und fanden den Platz erst kurz vor Überflug hinter einem Waldrand versteckt. Der Gegenanflug über eine Hügelkette hinweg schüttelte uns ein weiteres Mal heftigst durch, dafür hatten wir im langen Endteil den Wind nahezu laminar auf der Schnauze. Nachdem ein kreuzender Mähdrescher am Bahnanfang noch kurz etwas Aufmerksamkeit erforderte, rollten wir auch schon auf der jedem englischen Golfplatz zur Ehre reichenden Bahn aus. Der Flugplatz-Eigner freute sich über den fernen Besuch aus dem Schwabenland und gab noch Tipps für den Weiterflug zum letzten Wendepunkt Thannhausen. Die Fallschirmsprungzone der Luftlande- und Lufttransport Schule in Altenstadt sollten wir großzügig westlich umfliegen, damit wir die gerade dort stattfindenden Weltmeisterschaften im Fallschirmspringen nicht stören.
Wir befolgten seinen Rat und machten uns nach Thannhausen auf. Der Wind wurde am Nachmittag schwächer, je weiter wir uns von den Alpen nach Norden entfernten. Bad Wörishofen und der Werksflugplatz Mattsies der Firma Grob in Mindelheim zogen unter uns vorbei. Auf letzterem selbst aus großer Höhe gut zu erkennen, der dort abgestellte Höhenaufklärer mit Jumbo-Spannweite, welcher seit über 20 Jahren in einer Wiese stehend sein Dasein fristet. Durch Wolkenschatten und gleichmäßige Landschaft irritiert, hatten wir trotz bester Sicht einige Mühe den Flugplatz Thannhausen frühzeitig auszumachen. Nach Erreichen der errechneten Flugzeit fanden wir ihn dann aber doch noch. Im direkt angrenzenden Baggersee drehten Wasserski-Fahrer an den Wasserskianlagen unermüdlich ihre Runden. Im Hangar bestaunten wir ein weiteres Mal die schönste je in Deutschland privat gebaute Pitts Special. Ihr Erbauer erklärte er uns stolz, dass der Erstflug kurz bevorstehe.
Nach einer letzten kurzen Pause mit Boxenstopp ging es Richtung Heimat, der schon im Nordwesten stehenden Sonne entgegen. Kurz vor Ulm trieb eine historische ‚Ulmer Schachtel‘ mit Ausflüglern auf der Donau, das Münster zog direkt unter uns durch, auf Höhe Blaubeuren kreiste ein letzter Segelflieger im abendlichen Himmel über uns. Die Wunden der Neubaustrecke Ulm-Stuttgart entlang der Autobahn A 8 waren nicht zu übersehen, bei Hohenstadt türmen sich große Schutthalden aus dem neuen Eisenbahntunnel zum Aichelberg. An Laichingen vorbei kam bereits das Ermstal in Sicht. Leise grummelnd baute die D-MAHY unsere Höhe ab, wir genossen die letzten Eindrücke eines langen Flugtages und kündigten unsere Landung auf der ‚ZWO-FÜNF‘ an. Nach fast 4 Stunden Flug und vielen neuen Eindrücken hatte uns das Roßfeld wieder und Alexander seine Passagier-Berechtigung nun endgültig in der Tasche.




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